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Meldung vom 22. März 2024

Neue Ausgabe der Zeitschrift „Gerbergasse 18“ mit Schwerpunkt BILDWELTEN erschienen

Eine Tagung im November 2023 in Weimar fragte jüngst nach dem „fotografierten Sozialismus“ und wie die visuelle Aneignung eine gesellschaftliche Wirklichkeit erzeugt. Die Autorin Annett Gröschner beendete ihren Impuls mit dem warnendwerbenden Hinweis, sich trotz der Allverfügbarkeit von digitalen Bildspeichern einmal im Jahr die Zeit zu nehmen und ein herkömmliches Fotoalbum anzulegen – auch als haptisches Backup gegen unerwartete Speicherverluste.

Über unterschiedliche Zugänge nähern sich die Heftbeiträge dem Spannungsverhältnis zwischen Wirklichkeit und Inszenierung, welches das Medium Fotografie seit Anbeginn durchzieht. Waren Fotos einst lediglich Illustrationen von Geschehnissen, sind sie längst selbst zu vielschichtigen Quellen geworden. Nicht nur die Werke von professionellen Fotografen/innen, sondern auch private Fotosammlungen avancieren zum Gegenstand der historischen Forschung.

Mit der Visual History fragt eine eigene Disziplin nach der Visualität von Geschichte(n) und dem kollektiven Bildgedächtnis. Für die Jahrzehnte der SED-Diktatur mit ihren immanenten Fotografierverboten stellt sich die Frage, was nicht, selten oder nur unter persönlichen Risiken fotografiert wurde. Hier kommt den Archiven der Gegenüberlieferung eine Schlüsselrolle zu. Schrittweise haben sich in wenigen Jahrzehnten zwei gravierende Verschiebungen ergeben: Erstens sind wir fast alle zu Bildproduzenten geworden (messbar nur noch in Gigabyte), zweitens hat sich die Bildherstellung weitgehend vom greifbar-sinnlichen Material entkoppelt. Der Übergang von analoger zu digitaler Fotografie ist endgültig, der Unterschied zwischen Original und Kopie unmerklich. Auf der anderen Seite hat der Prozess der Digitalisierung für den umfassenden und demokratischen Zugriff auf Unmengen historischer Fotos gesorgt, weil wertvolle Bildbestände schonend gescannt und damit langfristig gesichert werden können. Dem gegenüber stellt die Bildgenerierung durch „künstliche Intelligenz“ ganz neue Herausforderungen an unseren quellenkritischen Umgang mit Medieninhalten. Und während „das Recht am eigenen Bild“ zum geflügelten Wort aufgestiegen ist, wird kontrovers über die Reichweite technischer Bildlöschung diskutiert. Der Berliner Fotograf Harald Hauswald, berühmt für seine Aufnahmen des DDR-Alltags der 1980er Jahre, stellt eine weitere Tendenz fest: „Alle fotografieren sich ständig, aber keiner will mehr fotografiert werden.“

Die aktuelle Ausgabe der „Gerbergasse 18“ (Heft 109), die wie immer im lokalen Buchhandel oder direkt über die Geschichtswerkstatt Jena erhältlich ist.

Eine Inhaltsübersicht und Leseproben finden Sie HIER.

 
 
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